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Pandemie: Ist die Entwicklung nach einem Rücktritt zu berücksichtigen?

Pandemie: Ist die Entwicklung nach einem Rücktritt zu berücksichtigen?

Von Thomas Waetke 29. Juni 2022

Beim Bundesgerichtshof wurde heute der erste Fall aus dem Reiserecht verhandelt, in dem die Pandemie eine Rolle spielt. Dabei steht eine Frage im Mittelpunkt, die auch für Veranstaltungen relevant ist:

Der Reisende hatte seine Reise Anfang März 2020 storniert: Die pandemische Lage spitzte sich zu, er zahlte die im Reisevertrag vereinbarten 25% Stornokosten. Zum vorgesehenen Zeitpunkt der Reise erging ein Einreiseverbot in dem Land, in das er ursprünglich hatte einreisen wollen. Der Reisende forderte daraufhin seine bezahlten Stornokosten zurück.

Somit stellt sich die Frage: Kommt es auch darauf an, wie sich die Lage nach der Stornierung entwickelt? Oder ist die Lage nur zum Zeitpunkt der Stornierung zu beurteilen? Die Instanzgerichte haben diese Frage bisher unterschiedlich beurteilt.

Welcher Zeitpunkt ist maßgeblich?

In der mündlichen Verhandlung scheint der Bundesgerichtshof zu der Auffassung zu neigen, auch die nachträgliche Entwicklung in den Blick zu nehmen.

Diese Lösung hätte meiner Meinung nach den pragmatischen Charme, dass derjenige Vertragspartner nicht bestraft würde, der “zu früh zuckt” und am Ende ein Ergebnis herauskäme, das den wirklichen Umständen entspräche.

Am 2. August soll eine Entscheidung verkündet werden; möglich ist allerdings auch, dass der Bundesgerichtshof die Frage dem Europäischen Gerichtshof vorlegt, da das Reiserecht stark durch Europarecht geprägt ist. Wir halten Sie jedenfalls auf dem Laufenden! Wenn Sie nichts versäumen wollen, abonnieren Sie unseren Newsletter!

Hintergrundinfo
Bereits im März hatte der Bundesgerichtshof über die Zahlungspflicht des Veranstalters entschieden, wenn seine Veranstaltung pandemiebedingt nicht stattfinden konnte (lesen Sie meinen Beitrag dazu hier).

Beide Fälle haben eine Gemeinsamkeit: Die Verträge wurden vor Beginn der Pandemie geschlossen, d.h. für alle Vertragspartner kamen die Verbote und Beschränkungen überraschend.

Ob diese Entscheidungen übertragen werden können auf Verträge, die nach Beginn der Pandemie geschlossen wurden, ist zurzeit bei den Instanzgerichten umstritten und wird früher oder später auch noch vom BGH zu entscheiden sein. Bei solchen Verträgen empfehlen wir übrigens schon seit langem, unbedingt die Frage der (Un-)Vorhersehbarkeit zu regeln!

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