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aus dem Eventrecht

Müdigkeit und die Rechtsfolgen

Von Thomas Waetke 26. Juni 2012

Ein chinesischer Fußballfan der englischen Mannschaft ist an Herzversagen verstorben, nachdem er beim Fußballschauen 11 Nächte nicht geschlafen und tagsüber normal arbeiten gegangen war.

Anmerkung von Rechtsanwalt Thomas Waetke:

Zugegeben, mit dem klassischen Veranstaltung(srecht) hat die Meldung nicht so viel zu tun. Nehmen wir diesen doch recht extremen Fall aber zum Anlass, die rechtliche Seite von Übermüdung zu betrachten, denn die kann auch bei Veranstaltungen auftreten:

Wer als Beifahrer zu einem Fahrer ins Auto steigt, obwohl dieser erkennbar übermüdet ist, verliert seine Ansprüche gegen Fahrer und Versicherung aufgrund freiwilliger Selbstgefährdung (siehe § 254 Abs. 1 BGB). In dem vom Oberlandesgericht Frankfurt 2010 entschiedenen Fall baute der Fahrer nach dem Besuch eines Musikfestivals einen schweren Unfall, der Beifahrer klagte gegen die Versicherung auf Schadenersatz. Die Versicherung konnte allerdings nicht nachweisen, dass der Beifahrer von der Übermüdung wusste, zumal es Indizien gab, dass der Fahrer zumindest 4 Stunden und damit die letzten Bandauftritte geschlafen hatte.

Wer sich beim Autofahren über erkannte deutliche Anzeichen der Übermüdung hinwegsetzt und dann einen Unfall baut, hat diesen grob fahrlässig herbeigeführt, so das Oberlandesgericht Saarbrücken 2009. In diesem Fall haftet dann der Fahrer dem Sozialversicherungsträger auf Schadenersatz, soweit dieser aufgrund des Unfalls Leistungen bringen muss (§ 110 SGB VII).

Kommt es infolge der Nichteinhaltung der zulässigen Lenk- und vorgeschriebenen Ruhezeiten zu einem Unfallschaden, haftet der Arbeitgeber/Auftraggeber des Unfallfahrers (§ 831 BGB), so das OLG Hamm im Jahr 2008.

Wenn ein Autofahrer 12 bis 13 Stunden ununterbrochen unterwegs ist und es zu einem Unfall kommt, muss der Versicherer trotzdem beweisen, dass der Unfall aufgrund Übermüdung geschehen ist – allein die lange Fahrzeit lässt keinen beweissicheren Schluss zu, dass der Fahrer übermüdet war und deshalb den Unfall verursacht hat, so das Kammergericht Berlin im Jahr 2008.

Verunfallt ein Arbeitnehmer aufgrund Übermüdung während des Weges zur oder von der Arbeit, dann greift die gesetzliche Unfallversicherung. Um den Versicherungsschutz zu verweigern, müsste der Unfallversicherer nachweisen, dass der Fahrer schon vor Antritt der Fahrt „berufsfremd“ übermüdet war, so das Landessozialgericht Schleswig-Holstein 2007. Diese Entscheidung ist wichtig für Arbeitnehmer: Wenn sie bspw. nach Überschreitung der Arbeitszeiten übermüdet nach Hause fahren, dann bleibt es grundsätzlich beim Unfallversicherungsschutz. Dann aber darf der Arbeitnehmer beim Heimweg keine Umwege fahren (sonst ist es kein Arbeitsweg und damit kein Wegeunfall mehr, oder er darf nicht aus anderen Gründen (z.B. die Nacht vorher privat durchgefeiert) übermüdet sein. Dabei darf der Unfallversicherungsschutz aber nicht mit der strafrechtlichen Verantwortung verwechselt werden: Der Arbeitnehmer mag beim Wegeunfall zwar unfallversichert sein, kann aber ungeachtet dessen wegen fahrlässiger Körperverletzung oder gar Totschlags haften, wenn er bei dem Unfall einen anderen verletzt oder tötet; außerdem kann er sich auch schadenersatzpflichtig machen.

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