Mehrere Auftragnehmer miteinander, nebeneinander oder hintereinander
Von Thomas Waetke 6. Januar 2022Mehrere parallel tätige Auftragnehmer bergen stets das Risiko, dass es Abgrenzungsschwierigkeiten gibt. Bei vielen Veranstaltungen ist das Ineinandergreifen verschiedener Gewerke gar nicht vermeidbar. Aufgrund der Rechtsfolgen bei unklaren Abgrenzungen zwischen den verschiedenen Beteiligten macht es Sinn, sich die Sache etwas genauer anzuschauen. Das wollen wir in diesem Beitrag tun. Lassen Sie sich nicht abschrecken, weil es auf den ersten Blick etwas komplex erscheint – aber letztlich bildet das nur den Alltag bei den meisten Veranstaltungen ab.
Wir schauen uns die verschiedenen Möglichkeiten an, wenn es um Auftragsverhältnisse geht (wer mit wem schließt Verträge?), aber auch um die Frage, an welcher Stelle ein Problem auftreten kann, und wer der Geschädigte sein kann.
Beginnen wir mit den unterschiedlichen Auftragsverhältnissen, die im Veranstaltungskontext denkbar sind:
1.1. Ein Veranstalter erteilt einen Auftrag an einen (Haupt-)Auftragnehmer, und dieser Hauptauftragnehmer beauftragt wiederum eigene Subunternehmer, um den Auftrag erfüllen zu können. Diesen Hauptauftragnehmer nennt man auch Generalunternehmer.
1.2. Ein Veranstalter erteilt einen Auftrag an einen (Haupt-)Auftragnehmer, und dieser Hauptauftragnehmer ist für die Vermittlung von anderen Dienstleistern verantwortlich.
1.3. Ein Veranstalter erteilt einen Auftrag an einen (Haupt-)Auftragnehmer, und dieser Hauptauftragnehmer ist für die Überwachung von anderen Dienstleistern verantwortlich, die der Veranstalter selbst beauftragt.
2. Ein Veranstalter erteilt mehrere Aufträge an mehrere Auftragnehmer, von denen jeweils ein paar Auftragnehmer am selben Gewerk zusammen arbeiten.
3.1. Ein Veranstalter erteilt mehrere Aufträge an mehrere Auftragnehmer, die an verschiedenen Gewerken arbeiten, und diese Gewerke bauen aufeinander auf bzw. hängen voneinander ab (z.B. Bühne und Ton/Licht).
3.2. Ein Veranstalter erteilt mehrere Aufträge an mehrere Auftragnehmer, die an verschiedenen Gewerken arbeiten, und diese Gewerke sind voneinander unabhängig.
Mit Blick auf Mängel, fehlerhafte Ausführung oder Schäden kann es im Wesentlichen zwei Varianten geben, die in jedem der vorstehenden Auftragsverhältnissen auftreten können:
Variante A:
Ein Unternehmer verursacht einen Mangel bzw. Schaden in seinem Gewerk. Dieser Mangel bzw. Schaden wirkt sich aber auf andere Gewerke aus.
Variante B:
An der Schnittschnelle von dem Aufgabenbereich eines Unternehmens zum Aufgabenbereich eines anderen Unternehmens kommt es zu einem Problem: Keiner kümmert sich, daher passen am Ende beide Leistungen nicht “zusammen”.
Es kann also (mindestens) 12 Konstellationen geben, die zu Streitigkeiten untereinander führen können. Und innerhalb dieser Konstellationen kann es wiederum zwei unterschiedliche Schadensrichtungen bzw. Geschädigte geben:
Geschädigter 1:
Der Veranstalter.
Geschädigter 2:
Beteiligte in der Auftragskette, weil der Kunde nicht bezahlen will.
Schauen wir uns als Beispiel die Kombination aus Auftragsverhältnis 1.1. + Variante A + Geschädigter 1 an:
- Ein Unternehmen beauftragt eine Eventagentur, die als Full-Service ein Rundum-Sorglos-Paket für das Firmenjubiläum anbietet. Die Agentur mietet Räume. Bei der Veranstaltung fällt die Heizung aus, weil die notwendige Wartung versäumt wurde.
- Ein Tagungsveranstalter beauftragt einen technischen Dienstleister, der als Komplettpaket das Live-Streaming der Tagung anbietet. Da die Upload-Raten falsch berechnet wurde, kommt es zu Ausfällen in der Live-Übertragung.
Die Lösung ist hier noch verhältnismäßig einfach = denn die Agentur fungiert als Generalunternehmerin und haftet für Fehler ihrer Subunternehmer. Wenn also die Location den Heizungsausfall fahrlässig oder vorsätzlich verschuldet hat, dann schlägt dieses Verschulden bis zur Agentur durch. Sie haftet dann gegenüber ihrem Auftraggeber, dem Veranstalter so, als ob sie selbst diesen Heizungsausfall verschuldet hätte.
Die Agentur kann sich durch vernünftige Vereinbarungen mit Ihrem Auftraggeber vor einer allzu sehr unbeherrschbaren Haftung schützen.
Kritisch: Schnittstellen
Deutlich komplizierter kann es bspw. in allen Kombinationen mit dem Auftragsverhältnis 2. werden. Oftmals fehlt es hier an vertraglichen Abgrenzungsvereinbarungen. Im Streitfall kommt es dann auf die Auslegung der Aufträge an, und dabei auf das sog. Funktionalitätsversprechen: In diesen Fällen ist entscheidend, ob die Auslegung ergibt, dass der zunächst tätige Unternehmer die Funktionalität allein in Bezug auf seine Teilleistung versprochen oder die, möglicherweise auch eingeschränkte, Funktionalitätsverantwortung für das Gesamtwerk übernommen hat. Wie so oft, kann es natürlich völlig gegensätzliche Interpretationen der Auslegung geben, mal kommt man zu dem einen Ergebnis, mal zu einem anderen. Wer solche Unwägbarkeiten vermeiden will, sollte Wert darauf legen, dass im Auftrag eine Abgrenzung und/oder zumindest eine wirksame (!) Haftungsbeschränkung vereinbart wird.
Ordentliche Vereinbarungen können helfen, Streitigkeiten zu verhindern bzw. Risiken zu reduzieren!
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