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Lüftung ist durch Sturm nicht möglich: Was tun?

Lüftung ist durch Sturm nicht möglich: Was tun?

Von Thomas Waetke 17. Februar 2022

Lüften ist eine der wichtigsten Maßnahmen im Kampf gegen den Virus in Innenräumen.

Aktuell zieht ein Orkan über Deutschland, Fenster werden geschlossen… was passiert, wenn das Hygienekonzept eine regelmäßige Frischluftzufuhr durch Öffnen der Fenster vorsieht, diese aber wegen Sturm geschlossen bleiben? Auch bei Kälte tun sich viele schwer, das Fenster aufzumachen. Was kann oder muss ein Arbeitnehmer tun, der erkennt, dass Maßnahmen im Hygienekonzept nicht umgesetzt werden? Muss ein Arbeitgeber reagieren, der mit seinem Team vor Ort arbeitet? Was kann ein Gast tun, insbesondere wenn er Eintritt bezahlt hat?

Solche Fragen kommen wieder einmal verstärkt bei uns an. Es gibt dazu aber nicht die eine Lösung für alle Fälle.

In der Theorie muss man natürlich sagen, dass das Hygienekonzept einzuhalten ist. Im Regelfall spielt die Frischluftzufuhr eine wesentliche Rolle darin. Ist sie durch technische Anlagen nicht gewährleistet, sondern eben durch das regelmäßige Öffnen von Fenstern oder Türen, kann man diese Maßnahme nicht einfach ausfallen lassen, weil es stürmt. Hinzu kommt der menschliche Faktor ins Spiel, weil es zu kalt ist, zu sehr zieht und für manche Teilnehmer unangenehm ist.

Sehen das Hygienekonzept oder hoheitliche Vorgaben vor, dass Lüftung durch Öffnung der Fenster zu gewährleisten ist, so wird es schon schwierig, dies einfach zu unterlassen. Denn das Hygienekonzept gilt quasi wie eine interne “Satzung”, und ist keine Spielkiste, aus der man sich bei Lust und Laune bedienen kann.

Wenn auf die Schnelle keine andere gleichwertige Lösung geschaffen werden kann, so bleibt eigentlich nur noch eine Möglichkeit: Die Veranstaltung muss abgebrochen werden.

“Nicht einfach so”

Vor einem Abbruch aber muss überlegt werden, ob durch einen vorzeitigen Abbruch der Veranstaltung möglicherweise höhere Risiken entstehen als durch den Wegfall der geplanten Maßnahme. “Einfach so” und plötzlich alle Leute rausschicken, ist oftmals nicht die beste Idee: Es kommt ggf. zu einem Gedränge an der Garderobe, an den Ausgängen, in den öffentlichen Verkehrsmitteln usw.

Auf der anderen Seite ist Vorsicht geboten bei willkürlichen Kompensations- oder Ersatzmaßnahmen. Man sollte nicht leichtfertig Alternativen schaffen, wenn diese nicht ähnlich gut funktionieren wie die ursprünglich geplante Maßnahme.

An Beweise denken!

Wichtig wird sein, dass man später beweisen kann, warum man die Veranstaltung abgebrochen hat. Immerhin können hier bei hohe finanzielle Schäden bei den verschiedenen Beteiligten entstehen, und im Streitfall kann (oder will?) sich eh kaum jemand noch an irgendetwas erinnern…

Was können Gäste tun?

Juristisch betrachtet könnte man zu Gunsten eines Gastes beispielsweise an einer Kündigung aus wichtigem Grund oder einen Rücktritt nachdenken, jedenfalls Aussicht beispielsweise eines Besuches, der dann sein Eintrittsgeld ganz oder teilweise zurück verlangen kann. Denn vermutlich dürfte eine fortgesetzte Anwesenheit bei geschlossenen Fenstern nicht zumutbar sein, jedenfalls dann nicht, wenn die Veranstaltung längerer Zeit andauert, beim Essen die Masken abgezogen werden etc.

Was können Arbeitnehmer tun?

Bei einem Arbeitnehmer wird es etwas schwieriger. Denn schließlich ist er zur Arbeitsleistung verpflichtet. Hier spielt die Zumutbarkeit eine große Rolle: Das Interesse des Arbeitnehmers muss abgewogen werden mit den Interessen seines Arbeitgebers: Geht die Fortsetzung der Arbeit mit einer objektiv erheblichen und persönlichen Gefahr für den Arbeitnehmer einher, die über allgemeine Infektionsrisiken und Lebensrisiken hinausgehen? Nur, weil der Mitarbeiter sich um seine Gesundheit sorgt, hat er noch nicht das Recht, seine Arbeit zu verweigern und bspw. die Veranstaltungsstätte zu verlassen.

Ist es für einen Arbeitnehmer zumutbar, über Stunden in einem geschlossenen Raum zu verbleiben mit vielen fremden Personen, selbst dann, wenn man eine Maske trägt und Abstand hält? Kann das kompensiert werden durch häufiger Pausen, aber sind häufiger Pausen überhaupt möglich? Sieht das Hygienekonzept oder eine hoheitliche Vorgabe die Lüftung vor, und kann diese nicht durchgeführt werden, ist das m.E. ein gewichtiges Argument für ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers. Eine Ausnahme kann sich ergeben für den Fall, dass die Veranstaltung sehr kurz ist, oder bspw. allenfalls das letzte oder nur ein Lüftungsintervall entfällt.

Was müssen Arbeitgeber tun?

Müsste nicht auch schon der Arbeitgeber reagieren, und seine Arbeitnehmer gefährdet werden könnten? Er hat natürlich ein wirtschaftliches Interesse an der Aufrechterhaltung seines Betriebs bzw. der Durchführung des Auftrags. Das aber ist kein Argument, eklatante Risiken für die Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiter einzugehen – jedenfalls dann, wenn…

  • das Ansteckungsrisiko über das übliche Maß hinausgeht, und/oder
  • das über das übliche Maß hinausgehende Ansteckungsrisiko nicht berufstypisch ist (wie bspw. in einem Krankenhaus für Ärztinnen oder Pfleger).

Ein Dienstleister als Arbeitgeber hat dann ggf. ein Dilemma: Auf der einen Seite will er seinen Auftrag erfüllen, auf der anderen Seite soll er sich um die Gesundheit seiner Mitarbeiter kümmern. Auf die Frage, ob der Dienstleister sich schadenersatzpflichtig machen kann oder ob er seinen Anspruch auf Vergütung behält, wenn er mangels Lüftung seine Leistungen einstellt, gehe ich in einem zweiten Beitrag noch ein.

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