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Lange Verjährungsfristen = viel Risiko

Lange Verjährungsfristen = viel Risiko

Von Thomas Waetke 9. Oktober 2019

Mein Beitrag von gestern zum Thema Scheinselbständigkeit bei Spezialisten hat für viele Reaktionen gesorgt.

Um das Risiko, wenn man das Thema vernachlässigt, zu verdeutlichen, verweise ich auf die langen Verjährungsfristen – d.h. so lange schwebt das Damoklesschwer von Rückforderungen über dem Unternehmen:

4 Jahre bei Fahrlässigkeit

Die Verjährung von Beitragsnachforderungen liegt bei 4 Jahren, beginnend mit dem 31.12. des Jahres, in dem die Beschäftigung begonnen hat.

Ein Beispiel
Wenn also der Auftrag an einen scheinselbständigen Mitarbeiter bspw. im April 2019 erfolgt, dann endet das Risiko frühestens am 31.12.2023 – jedenfalls dann, wenn der Auftraggeber nur fahrlässig bzw. leichtfertig gehandelt hatte.

30 Jahre bei Vorsatz

Bei Vorsatz hingegen beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre! Entsprechend teuer kann es werden, wenn ein Unternehmen über mehrere Jahre hinweg einen Scheinselbständigen beauftragt bzw. beschäftigt hat.

Wer jetzt meint, dass er ja niemals vorsätzlich handeln würde, der irrt leider!

Achtung!
Schon die Nichtdurchführung des Statusfeststellungsverfahrens kann Vorsatz sein!

Denn Vorsatz ist nicht nur das wissentliche Wollen… sondern auch schon der sog. bedingte Vorsatz: Es reicht aus, wenn man die Beitragspflicht bzw. Scheinselbständigkeit für möglich hält, und die Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge billigend in Kauf nimmt. Und das geht schneller als man gucken kann…

Das Bundessozialgericht bejaht die Möglichkeit des (bedingten) Vorsatzes bereits dann, wenn der Auftraggeber vor der Auftragserteilung kein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt hat:

Dabei wird hinsichtlich der Prüfung der subjektiven Tatbestandsseite zu berücksichtigen sein, dass der Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit die Möglichkeit hat, darüber im Einzugsstellen- und/oder Anfrageverfahren Gewissheit durch Herbeiführung der Entscheidung einer fachkundigen Stelle zu erlangen; der Verzicht auf einen entsprechenden Antrag kann vorwerfbar sein, soweit es die beitragsrechtlichen Folgen einer Fehlbeurteilung des Betroffenen anbelangt

Selbst wer anfänglich tatsächlich noch davon ausgehen durfte, dass sich das Problem der Scheinselbständigkeit nicht stellt, riskiert eine Verlängerung der Frist von 4 auf 30 Jahre:

Nämlich dann, wenn er innerhalb der 4 Jahre bösgläubig wird – d.h. wenn er innerhalb der 4 Jahre erkennt, dass er der Mitarbeiter scheinselbständig ist.

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