Klassenfahrt fällt aus wegen Pandemie: Muss Reisepreis bezahlt werden?
Von Thomas Waetke 14. September 2021Eine Lehrerin hatte Anfang 2020 eine Reise für eine Klassenfahrt nach England gebucht und dafür 10.000 Euro bezahlt. Im März wurde die Reise pandemiebedingt abgesagt. Die Trägerin der Schule, eine Stiftung, forderte die 10.000 Euro zurück, der Reiseveranstalter erstattete aber nur 1.000 Euro. Die Sache landete schließlich vor dem Oberlandesgericht Hamm. Dieses verurteilte jetzt den Reiseveranstalter zur Rückzahlung des vollständigen Preises.
Denn: Die Covid-19-Pandemie habe eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 651h Abs. 3 BGB dargestellt. Am Zielort bestand ein deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko, sodass ein konkretes Risiko für ernsthafte Gesundheitsschäden vorgelegen hätte.
Die Besonderheiten in diesem Fall:
Reiserecht
Das Reiserecht schützt den Reisenden und gibt ihm u.a. Möglichkeiten, vom Reisevertrag wieder zurückzutreten. Noch bis vor wenigen Jahren bezog sich dieser Schutz aber nur auf Privatpersonen, die in den Urlaub fahren. Nach einer umfangreichen Gesetzesänderung gilt das Reiserecht nun auch für Geschäftsreisen: D.h. auch eine Agentur, die bspw. Incentivereisen anbietet, kann Reiseveranstalter sein.
Vertragspartner
In dem Prozess war auch umstritten, wer Vertragspartner des Reiseveranstalters war = wer also überhaupt der richtige Kläger ist.
In der ersten Instanz hatte das Landgericht Detmold die Klage noch abgewiesen, weil nicht die klagende Stiftung, sondern die einzelnen Schüler Vertragspartner seien, so das Landgericht: Es hätten also die einzelnen Schüler klagen müssen.
In der zweiten Instanz hat das Oberlandesgericht Hamm aber festgestellt, dass angesichts der Kommunikation und Vertragsabwicklung es auch für den Reiseveranstalter hinreichend klar war, dass die Stiftung als Schulträger der Vertragspartner war, der für die Schüler eine Gruppenreise gebucht hatte.
Dies zeigt, wie wichtig es sein kann, klarzustellen, wer Vertragspartner ist. Dies gilt nicht nur für einen selbst, sondern auch, wenn man sich nicht sicher ist, wer auf der anderen Seite der Vertragspartner sein soll: Im Zweifel vorher fragen!
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