Keine unzumutbaren Lärmbelastungen durch Veranstaltungen in Mehrzweckhalle
Von Thomas Waetke 23. Januar 2020Wennn die einen feiern, wollen die anderen ihre Ruhe haben oder schlafen. Dementsprechend viel Streit gibt bei Veranstaltungen typischerweise dann, wenn diese bis in die Nacht oder den frühen Morgen dauern. Dabei geht es nicht nur um Musik, sondern auch um den Lärm der abfahrenden Gäste nach einer Veranstaltung.
In einem konkreten Fall vor Gericht ging es um die Erweiterung eines ursprünglichen Nutzungskonzepts für eine gemeindliche Mehrzweckhalle. Bislang waren dort Veranstaltungen bis 21.30 Uhr genehmigt. Der Landkreis genehmigte nun die Nutzung der Halle für 8 Veranstaltungen örtlicher Vereine und Gruppen pro Jahr mit einem Ende von 24.00 bzw. 3.00 Uhr nachts.
Ein Anwohner, dessen Wohnhaus in unmittelbarer Nähe der Halle liegt, hatte hiergegen Klage erhoben.
In der ersten Instanz hatte das Verwaltungsgericht dem Anwohner recht gegeben und die Nachtragsbaugenehmigung aufgehoben. Gegen dieses Urteil ging die Gemeinde in Berufung, und hatte damit vor dem Oberverwaltungsgericht Koblenz Erfolg: Das OVG hob das erstintanzliche Urteil auf und entschied gegen den Anwohner: Die Nachtragsbaugenehmigung würde keine unzumutbaren Lärmbelastungen für die in einem allgemeinen Wohngebiet lebenden Nachbarn verursachen.
Die Nachtragsbaugenehmigung verstößt nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu Lasten des klagenden Anwohners, weil von den zugelassenen acht Veranstaltungen keine unzumutbaren Lärmbelastungen auf sein Grundstück einwirken. Zunächst stellte das Gericht fest, dass für Lärmimmissionen von solchen Veranstaltungen keine Grenzwerte gesetzlich festgelegt seien; daher sei die Zumutbarkeitsgrenze anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen. Technische Regelwerke, die Richtwerte zu der in Betracht kommenden Belastungsart enthielten, dürften dabei als Orientierungshilfe herangezogen werden. Dies sei im vorliegenden Fall der Nutzung einer Mehrzweckhalle die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (“TA-Lärm”).
Für die erforderliche Zumutbarkeitsbetrachtung ist dabei auf die Regelungen der TA-Lärm über “seltene Ereignisse” abzustellen, für die höhere Immissionsrichtwerte als die in einem allgemeinen Wohngebiet – wie in dem konkreten Fall – an sich maßgebenden Werte zulässig sind. Das OVG stufte die 8 Veranstaltungen als solche seltenen Ereignisse ein: Denn um seltene Ereignisse handele es sich bei herausgehobenen Veranstaltungen der Kommune oder örtlicher Vereine aus besonderem Anlass, die zu den typischen Erscheinungsformen gemeindlichen Lebens gehörten, sodass sie von der Nachbarschaft in höherem Maße als sozialadäquat akzeptiert würden, als etwa rein gewerbliche Aktivitäten oder durch rein private Feiern hervorgerufene Lärmimmissionen.
In der Klage ging es um solche 8 Veranstaltungen: Zwei Jahreskonzerte des Chors und örtlichen Musikvereins bzw. den Königsball zu Ehren des Schützenkönigs, vier Aufführungen der örtlichen Theatergruppe sowie eine Jubiläumsveranstaltung eines sonstigen örtlichen Vereins oder der Ortsgemeinde.
Ein schallschutztechnisches Gutachten hatte zudem ergeben, dass sowohl die durch die Parkvorgänge (Abfahrten nach Veranstaltungsende) verursachten Lärmimmissionen als auch die durch den Veranstaltungsbetrieb im Innern der Halle selbst auftretenden Geräuschimmissionen unterhalb des bei “seltenen Ereignissen” erhöhten Immissionsrichtwertes der Nachtzeit liegen. Die TA-Lärm begrenzt die Zulassung “seltener Ereignisse” auf zehn Kalendertage eines Kalenderjahres, so dass bei 8 Veranstaltungen der Rahmen noch nicht ausgescöpft sei.
Das OVG stellte schließlich auch fest, dass eine Veranstaltung, die über Mitternacht hinaus fortdauere aber am Vorabend begonnen habe, rechnerisch als 1 Veranstaltung gelte.
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