Keine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung bei Überlassung von Hotelzimmern an Reiseveranstalter
Von Thomas Waetke 11. November 2019Bei der Überlassung von Hotelzimmern eines Hotels an einen Reiseveranstalter, die der für seine Reisenden “einkauft”, erfolgt keine sog. gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung.
Nach § 8 Nr. 1 d und e Gewerbesteuergesetz werden bei der Gewerbesteuer dem nach den Vorschriften des Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuerrechts ermittelten Gewinn Miet- und Pachtzinsen, die zuvor gewinnmindernd berücksichtigt wurden, teilweise wieder hinzugerechnet, wenn die Wirtschaftsgüter dem Anlagevermögen des Betriebes des Steuerpflichtigen zuzurechnen sind.
Es geht es dabei um das sog. fiktive Anlagevermögen: Fremdes Eigentum kann anteilig dem eigenen Vermögen hinzugerechnet werden, auch wenn es einem gar nicht gehört.
Die Voraussetzungen:
- Für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters wären, wenn sie in seinem Eigentum stünden.
- Die Frage, ob das fiktiv im Eigentum des Steuerpflichtigen stehende Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, orientiert sich maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss.
- Die Prüfung muss den Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren. Es ist zu fragen, ob der Geschäftszweck das dauerhafte Vorhandensein solcher Wirtschaftsgüter voraussetzt. Dabei ist darauf abzustellen, ob sich die betreffende Tätigkeit, das Eigentum des Steuerpflichtigen an dem Wirtschaftsgut unterstellt, wirtschaftlich sinnvoll nur ausüben lässt, wenn das Eigentum an den Wirtschaftsgütern langfristig erworben wird.
- Übrigens: Es kommt nicht darauf an, ob das Eigentum in Deutschland oder im Ausland liegt; und auch grundsätzlich nicht, wie lange die mietweise Überlassung erfolgt.
Das heißt:
Kann der Reiseveranstalter sein Geschäftsmodell nur ausüben, wenn er fiktiv gedacht Eigentümer des Hotelzimmers wäre?
Diese Frage hat der Bundesfinanzhof nun verneint: Es sei entscheidend, dass das Geschäftsmodell eines Reiseveranstalters wie der Klägerin typischerweise keine langfristige Nutzung der von den Hoteliers überlassenen Wirtschaftsgüter erfordere. Vielmehr diene die nur zeitlich begrenzte Nutzung der Wirtschaftsgüter dem Bedürfnis des Reiseveranstalters, sich ständig an dem Wandel unterliegende Markterfordernisse (wie z.B. veränderte Kundenwünsche oder veränderte Verhältnisse am Zielort der Reise) anpassen zu können.
Die Begründung des Bundesfinanzhofes:
Nach den betrieblichen Verhältnissen des Reiseveranstalters ist das zeitlich begrenzte fiktive Eigentum an den Hotelzimmern und den Hoteleinrichtungen nicht dazu bestimmt, der dauerhaften Herstellung neuer Produkte zu dienen. Vielmehr fließt es als Teilprodukt in das Produktbündel “Pauschalreise” ein und verbraucht sich mit deren Durchführung. Eine wirtschaftlich sinnvolle Ausübung der Tätigkeit des Reiseveranstalters erfordert auch nicht den langfristigen Erwerb des Eigentums an den Hotelzimmern und an den sonstigen Hoteleinrichtungen. Vielmehr versucht der Reiseveranstalter das Vorprodukt “Hotelzimmer und -einrichtungen” möglichst nur in dem Umfang zu erwerben, in dem er einen Absatzmarkt für sein Produkt “Pauschalreise” sieht. Anders als beim Hotelier, der die Hotelzimmer und -einrichtungen dazu verwendet, mit ihnen dauerhaft und langfristig möglichst viele Produkte (Übernachtungen, Verpflegungen, Veranstaltungen etc.) zu generieren und eine möglichst hohe Auslastung zu erreichen, orientiert sich der Reiseveranstalter im Regelfall nicht an der Auslastung des Hotels, sondern am geschätzten Bedarf seiner Kunden.”
Und weiter sagt der Bundesfinanzhof:
Er versucht deshalb, sofern er nicht selbst in das Geschäftsfeld des Hoteliers eintritt, das Auslastungsrisiko weitestgehend beim Hotelier zu belassen. Deshalb beschränkt er sein Angebot in zeitlicher Hinsicht möglichst genau auf die jeweilige Saison für das Produkt (z.B. die Ski-, Tauch-, Wander-, Fahrradreise). Zudem versucht er, sein Produktportfolio durch das Angebot unterschiedlicher Hotels so vielfältig zu gestalten, dass er die Wünsche seiner Kunden möglichst umfassend abdecken kann. Insofern stellt sich auch der wiederholte kurzfristige Erwerb ähnlicher Wirtschaftsgüter nicht als Surrogat einer Entscheidung zur langfristigen Nutzung der Wirtschaftsgüter dar. Vielmehr spiegelt sich in der zeitlichen Begrenzung der Vertragsdauern und den bestehenden Unterschieden zwischen den einzelnen Produkten (Lage und Zusatzangebote des Hotels, Saison der jeweiligen Urlaubsdestination) gerade die unternehmerische Konzeption des Reiseveranstalters wider”
Wir halten fest: Die vom Reiseveranstalter bezahlte Miete für das Hotelzimmer ist gewerbesteuerrechtlich nicht hinzuzurechnen.
Miete für Räume des Konzertveranstalters?
Für den Konzertveranstalter, der einen Saal für die Konzerte mietet, hatte der Bundesfinanzhof das aber anders entschieden. Den Unterschied erklärt der Bundesfinanzhof wie folgt:
Die Verneinung der Hinzurechnung beim Reiseveranstalter entspricht der Entscheidung zum Fall des Konzertveranstalters. Denn in diesem Fall bestand der Geschäftsgegenstand der Konzertveranstalters darin, Konzerte zu veranstalten. Zu diesem Zweck war er auf die ständige Verfügbarkeit von Veranstaltungsimmobilien angewiesen. Die Immobilien dienten damit gleichsam als eines der Produktionsmittel zur dauerhaften Herstellung einer Vielzahl von Produkten “Konzertveranstaltung”.”
Ausstellungsflächen für Messe-Durchführungsgesellschaften?
Ähnlich wie beim Hotelzimmer hingegen hatte der Bundesfinanzhof auch die Anmietung von Ausstellungsflächen durch eine Messe-Durchführungsgesellschaft entschieden. Der Bundesfinanzhof erklärt diesen Gleichklang folgendermaßen:
Denn auch insoweit stellte der Bundesfinanzhof maßgebend darauf ab, dass die Messe-Durchführungsgesellschaft das Produkt “Ausstellungsfläche” nicht ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorgehalten hätte, sondern es nur in dem Umfang und in der Ausgestaltung anmietete, in dem kundenseitiger Bedarf erkennbar wurde und die angemieteten Flächen wiederum den Kunden zur Nutzung angeboten werden konnten.”
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