In Hamburg dürfen Arbeitgeber nach Impfstatus fragen – oder doch nicht?
Von Thomas Waetke 20. September 2021Hamburg regelt in seiner neuen Corona-Verordnung in § 10j Absatz 3, dass der Arbeitgeber vor Abschluss eines Arbeitsvertrages Personen, die sich mit Veranstaltungsteilnehmern in denselben Räumlichkeiten oder räumlichen Bereichen aufhalten, nach deren Impf- oder Genesenennachweis fragen darf, wenn für das 2G-Modell optiert wird:
“Die … Betreiberin oder der Betreiber, die Veranstalterin oder der Veranstalter oder die Dienstleistungserbringerin oder der Dienstleistungserbringer ist … zur Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder die Art und Weise einer Beschäftigung von Personen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 berechtigt, personenbezogene Daten über das Vorliegen eines Coronavirus-Impfnachweises …, eines Genesenennachweises … oder über das Lebensalter zu verarbeiten. Die Bestimmungen des allgemeinen Datenschutzrechts bleiben unberührt. …”
Meiner Meinung birgt diese Regelung durchaus Sprengstoff:
Bei der Nachfrage nach dem Impfstatus handelt es sich um die Erhebung (damit “Verarbeitung”) eines besonders sensiblen Datum im Sinne des Art. 9 DSGVO. Hierfür gibt es strenge Vorgaben in Art. 9 DSGVO und für Beschäftigte in § 26 BDSG.
Und fraglich ist, ob eine Landes-Verordnung ein Bundesgesetz (hier das Bundesdatenschutzgesetz BDSG) aufweichen kann, in dem die Nachfrage nämlich explizit nicht einfach so möglich ist (siehe § 26 Absätze 3 und 7 BDSG). Und: Auch die Corona-Arbeitsschutzverordnung hat als Bundes-Verordnung ein solches Nachfragerecht nicht mit aufgenommen, obwohl das vorab diskutiert wurde: Auch der Bund hat offenbar also gewichte Gründe gesehen, die Nachfrage nicht zu erlauben.
Es erscheint natürlich logisch, dass ein Arbeitgeber fragen können sollte, bevor er einen neuen Arbeitsvertrag schließt – jedenfalls dann, wenn der Arbeitsvertrag ausschließlich für Veranstaltungen dient, die unter dem 2G-Modell stattfinden. Was ist aber bei gemischten Einsatzmöglichkeiten? Ja, es mag auch da logisch erscheinen, aber natürlich ist auch die Diskussion berechtigt, ob eine Landes-Verordnung sich über Bundes- und EU-Recht hinwegsetzen kann.
Dem Arbeitgeber kann ggf. Ungemach drohen, denn eine rechtswidrige Verordnung ändert nichts daran, dass dann auch die Datenverarbeitung rechtswidrig ist – was dann relevant wird, wenn abgelehnte Bewerber gegen die Rechtswidrigkeit vorgehen mit der Behauptung, sie hätten sonst den Job erhalten. Hier wird die Rechtswissenschaft und womöglich auch die Gerichte sicherlich in der nächsten Zeit noch einiges zu tun bekommen. Der Arbeitgeber muss abwägen, ob er den pragmatischen Weg wählt (wie ihn die Landesverordnung erlaubt) und das Risiko eingeht, dass sich das später als rechtswidrig erweisen könnte (Konjunktiv! Es steht ja noch lange nicht fest, nur weil es ein paar Bedenken gibt).
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