Bei Schäden innerhalb eines Betriebs gibt es eine Ausnahme von der sonst übliche weitgehenden Haftung. Ein Beispiel:
Bei einer Veranstaltung soll ein Mitarbeiter eine Leiter hochsteigen, um Dekoration zu befestigen. Ein Kollege soll die Leiter festhalten. Als sein Handy klingelt, lässt er die Leiter los, weshalb sie ins Rutschen kommt und umkippt. Der Mitarbeiter auf der Leiter stürzt ab und verletzt sich.
Für solcherlei Fälle hat der Gesetzgeber den gesetzlichen Versicherungsschutz geschaffen: Er möchte damit den Betriebsfrieden wahren, damit Anspruchsteller und Anspruchsgegner innerhalb des Betriebs nicht übereinander herfallen (müssen).
Die an sich bestehende private Haftung des Schädigers wird in gewissen Fällen verdrängt durch den gesetzlichen Versicherungsschutz (Einschränkung: Es werden nur Personenschäden abgedeckt, nicht Sachschäden; die muss jeder selbst tragen).
Folgende Konstellationen kann es geben, wenn der verletzte Arbeitnehmer Ansprüche geltend macht:
- Gegen seinen Arbeitgeber (§ 104 SGB VII),
- gegen Kolleginnen/Kollegen innerhalb des Unternehmens (§ 105 SGB VII), oder
- gegen betriebsfremde Personen (§ 106 SGB VII).
Haftung des Arbeitgebers
Weil der Arbeitgeber bekanntlich allein die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung bezahlt, wird er im Gegenzug weitgehend von seiner an sich bestehenden privaten Haftung gegenüber seinen Mitarbeitern freigestellt.
Nur wenn er den Schaden vorsätzlich oder auf einem versicherten Weg (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII) verursacht, kann er persönlich haften müssen (§ 104 SGB VII).
Haftung der Kollegen innerhalb des Betriebs
Wenn wie im Eingangsbeispiel ein Kollege bei einem anderen Kollegen einen (Personen-)Schaden verursacht, dann wird auch er freigestelt, soweit er den Schaden nicht vorsätzlich oder auf einem versicherten Weg (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII) verursacht hat.
Im Eingangsbeispiel wäre also zu untersuchen, ob/dass der die Leiter haltende Kollege den Körperschaden nur fahrlässig verursacht hat; dann würde er durch den gesetzlichen Versicherungsschutz freigestellt, und der verletzte Mitarbeiter wendet sich dann nur noch an den Unfallversicherungsträger.
Haftung von betriebsfremden Personen
Eine solche Haftungsfreistellung gibt es auch für Personen, wenn sie mit Mitarbeitern von anderen Betrieben gemeinsam und gleichzeitig arbeiten.
Zwei Beispiele:
- Im ersten Fall beauftragt der Veranstalter zwei Veranstaltungstechnikfirmen, die gemeinsam Bühne, Ton und Licht aufbauen sollen und müssen, da sie jeder für sich alleine nicht ausreichend Personal und Equipment haben.
- Im zweiten Fall beauftragt der Veranstalter eine Veranstaltungstechnikfirma und einen Cateringservice. Die einen sollen Bühne, Ton und Licht aufbauen, und der Caterer den Cateringbereich, der unabhängig von der Veranstaltungstechnik funktioniert.
Und in beiden Fällen verletzt einer der Veranstaltungstechniker einen Mitarbeiter der jeweils anderen Firma:
- Im ersten Fall fährt er den LKW einen Meter vorwärts, um umzuparken, während aber noch der Kollege des anderen Betriebs auf der Ladefläche steht und beim Anfahren herunterfällt.
- Im zweiten Fall kollidiert der Techniker mit seinem LKW auf dem Parkplatz mit dem Fahrzeug eines Cateringmitarbeiters.
Das Haftungsprivileg greift aber nur im ersten Fall, d.h. im zweiten Fall kann der verletzte Cateringmitarbeiter direkt gegen den Techniker (bzw. dessen Betrieb) vorgehen.
Voraussetzung für das Haftungsprivileg ist eine gemeinsame Betriebsstätte.
Dies setzt wechselseitig voraus:
- aufeinander bezogene betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen,
- diese Aktivitäten von Versicherten greifen bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinander, sind miteinander verknüpft , ergänzen oder unterstützen sich.
Erforderlich ist also ein bewusstes Miteinander im Arbeitsablauf.
Im zweiten Fall fehlt es daran: Nur, weil sich beide mehr oder weniger zufällig auf dem selben Gelände bewegen zum Zeitpunkt des Aufbaus derselben Veranstaltung, entsteht keine gemeinsame Betriebsstätte, die zur Haftungsprivilegierung führt.
Parallele Tätigkeiten, die sich beziehungslos nebeneinander vollziehen, genügen ebenso wenig wie eine bloße Arbeitsberührung.
Auch ein Beispiel dafür: Die Bühnenbauer bauen die Bühne auf und verlassen dann die Location. Es folgen die Licht- und Tontechniker, die die Bühne nun ausstatten sollen. Beim Klettern im Bühnendach verletzt sich ein Lichttechniker, da das Gerüst nicht ordnungsgemäß errichtet war.
Auch hier fehlt es am faktischen Miteinander einander ergänzender Tätigkeiten.
Treffen verschiedene Arbeitgeber mit ihren Mitarbeitern aufeinander, z.B. beim Aufbau bei einer Veranstaltung, greifen auch umfassende Pflichten zur Koordination.
Weitere Informationen finden Sie in der Kategorie Arbeitsschutz.
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