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Grundsatzurteil zur Mietzahlung trotz Ausfall der Veranstaltung

Grundsatzurteil zur Mietzahlung trotz Ausfall der Veranstaltung

Von Thomas Waetke 4. März 2022

Die Pandemie und die damit einhergehenden vielen Absagen von unzähligen Veranstaltungen haben eine Reihe von Rechtsfragen hervorgerufen. Vieles ist noch immer ungeklärt, aber nach und nach kommen immer mehr Urteile von den Gerichten. Jetzt hat der Bundesgerichtshof eine zentrale Frage entschieden: Muss der Veranstalter die Raummiete bezahlen, wenn er seine Veranstaltung aufgrund eines Verbotes nicht durchführen kann?

Um welchen Sachverhalt ging es?

Ein Hochzeitspaar mietete Räume für eine am 1. Mai 2020 geplante Hochzeitsfeier mit ca. 70 Personen. Es zahlte den vereinbarten Vorschuss von 2.600 € an. Letztlich konnte die geplante Hochzeitsfeier nicht stattfinden, weil aufgrund der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung Veranstaltungen untersagt worden waren. Der Vermieter bot dem Paar an, den Termin zu verschieben, das Paar wollte aber die Anzahlung zurück.

Das Amtsgericht Gelsenkirchen in der ersten Instanz wies die Klage des Brautpaars auf Rückzahlung ab. In der zweiten Instanz entschied das Landgericht Essen, dass sich Mieter und Vermieter das Risiko teilen müssten, und verurteilte den Vermieter zur Rückzahlung von 50 %. Die Sache landete dann vor dem Bundesgerichtshof.

Was hat der BGH entschieden?

Das höchste deutsche Zivilgericht hat nun eine der umstrittensten Fragen im Zusammenhang mit der Pandemie vorerst ein- für allemal entschieden: Muss der Veranstalter die Miete für Räumlichkeiten bezahlen, wenn die Veranstaltung pandemiebedingt nicht stattfinden darf?

AGB-Check

Ich kann vorwegnehmen: Das Urteil wird einem der beiden Vertragspartner an einem Mietvertrag überhaupt nicht gefallen.

Am 12. Januar 2022 hat der Bundesgerichtshof bereits ein erstes wegweisendes Urteil im Kontext der Pandemie gefällt: Damals ging es um die monatsweise Mietzahlung in mehrjährigen Mietverträgen von Ladengeschäften, wenn pandemiebedingt das Geschäft nicht geöffnet werden darf. Hier geht´s zu unserem Beitrag vom 12.01.

Rücktritt vom Vertrag?

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Veranstalter nicht vom Vertrag zurücktreten bzw. sich nicht auf Unmöglichkeit oder Höhere Gewalt berufen kann. Das ist nicht sonderlich überraschend, sondern nur konsequent: Denn der Vermieter kann seinen Raum weiterhin überlassen, es wurde ja nur die Veranstaltung verboten. D.h. die Überlassung ist weiterhin möglich, also besteht auch kein Grund, den Mietvertrag aufzulösen.

Anpassung der Miete?

Der Mieter steht also nun in einem leeren Raum, da er seine Veranstaltung nicht machen darf – er muss die Miete bezahlen. Nun kommt es zu der spannenden Frage, ob der Mieter/Veranstalter verlangen darf, dass er aber weniger Miete bezahlen muss: Denn von einem leeren Raum hat er ja nichts. Juristisch nennt man das “Wegfall der Geschäftsgrundlage”. Hierzu hatte der Bundesgerichtshof bereits am 12. Januar 2022 entschieden, dabei ging es aber um langjährige Mietverträge für Ladengeschäfte (siehe unseren Bericht dazu hier).

Der Bundesgerichtshof hat gestern aber erstmal die Frage entschieden, wie das bei einer eintägigen Veranstaltung aussieht.

Und hier kann es für die Veranstalter ungemütlich werden, da der BGH differenziert:

  • Kann der Termin verlegt werden? Dann muss/kann der Mietvertrag auf den neuen Termin hin angepasst werden.
  • Kann/will der Termin nicht verlegt werden? Dann muss der Veranstalter bzw. Mieter die volle Miete bezahlen, da er das alleinige Verwenderrisiko trägt.

AGB-Check

Was bedeutet das für Sie?

Der Bundesgerichtshof hat seine Auffassung aus den 1970er Jahren aufrechterhalten: Pech für den Veranstalter, wenn er gemietete Räume nicht nutzen kann, weil ein schwerwiegendes Ereignis eintritt – solange der Vermieter den Raum weiterhin überlassen kann.

Der Veranstalter kann dem nur “entkommen”, wenn eine Terminsverlegung möglich ist – im entschiedenen Fall wollte das Brautpaar den Termin nicht verlegen, obwohl der Vermieter einen anderen Termin angeboten hatte.

Nicht entschieden ist damit aber, was passiert, wenn zwar der Mieter/Veranstalter bereit ist, den Termin zu verlegen, aber der Vermieter nicht will/kann. Vermutlich täte der Vermieter aber gut daran (abgesehen davon, dass er ja einen zufriedenen Kunden haben will), alles zu versuchen, um eine Terminsverlegung möglich zu machen.

Das heißt:

Sie sind Auftraggeber:

Überlegen bzw. prüfen Sie, ob Sie bereits im Vertrag regeln, was zu zahlen ist, wenn die Veranstaltung abgesagt werden muss. Gerade in Zeiten steigender Inzidenzwerte reichen die üblichen Stornofristen nicht aus.

Schauen Sie in die Verträge Ihrer Vertragspartner, was dazu geregelt ist.

Wägen Sie ab, welches Risiko zu tragen Sie bereit sind.

Sie sind Auftragnehmer:

Überlegen bzw. prüfen Sie, ob und wie weit Sie dem Kunden entgegenkommen wollen, wenn er seine Veranstaltung absagt.

Wird abgesagt, versuchen Sie alles, um den Termin verlegen zu können (unabhängig vom Servicegedanken) – dokumentieren Sie diese Versuche und Bemühungen.

Grundsätzlich haben Sie mit diesem Urteil die “besseren” Karten.

Die Besonderheiten in diesem Fall, den der Bundesgerichtshof entschieden hat, waren:

  • Der Vertrag wurde vor Beginn der Pandemie geschlossen. Es wird immer mehr fraglich, ob man sich bei Vertragsschlüssen nach Pandemiebeginn überhaupt wird noch auf Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen können (selbst bei einer Terminsverlegung).
  • Der Vermieter hat proaktiv einen Alternativtermin angeboten, den das Brautpaar abgelehnt hat.
  • Weder Mieter noch Vermieter hatten diese Frage(n) vorab vertraglich geregelt.

Umso wichtiger wird also sein, derlei Fragen im Vertrag zu regeln!

Wir werden zu diesem wichtigen Thema weitere Artikel veröffentlichen und Webinare anbieten. Schauen Sie immer mal wieder rein oder in unsere Terminübersicht, oder abonnieren Sie unseren Newsletter!

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