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Fremden Rat darf man nicht ungeprüft vertrauen

Fremden Rat darf man nicht ungeprüft vertrauen

Von Thomas Waetke 6. Oktober 2021

Wer die Grenzen seines Wissens, seiner Erfahrung und seiner Kompetenzen erreicht, ist verpflichtet, fachlichen Rat einzuholen. Dieser Merksatz hört sich einfacher an, als er umzusetzen ist…

Nur, wer fachlichen Rat eingeholt hat, hat die Möglichkeit, im Schadensfall strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen zu werden: Denn persönlich hat man dann ja alles getan, was einem möglich war. Denn: Im Strafrecht geht es um die subjektive bzw. persönliche Vorwerfbarkeit des Beschuldigten.

Eine Strafbarkeit entfällt allerdings dann auch nicht automatisch, nur weil man einen Fachmann fragt:

Dies hatte das Oberlandesgericht Oldenburg festgestellt: Ein Musiker hatte einen Rechtsanwalt gefragt, ob die Texte, die er singen wollte, unter den Straftatbestand der Volksverhetzung fallen würden. Dies hatte der Rechtsanwalt verneint, der Musiker fing an zu singen – und kassierte eine Verurteilung. Der Grund: Er hätte auf den Rat des Anwalts nicht vertrauen dürfen: Er hätte nämlich schon „bei nur mäßiger Anspannung von Verstand und Gewissen leicht selbst erkennen können“, dass der Text strafrechtlich verboten sei.

Das bedeutet:

  • Man muss fachlichen Rat einholen, wenn man an seine Wissens-Grenzen stößt.
  • Den fachlichen Rat darf man aber nicht einfach ungeprüft hinnehmen. Drängt sich quasi auf, dass der Rat falsch oder unvollständig sein könnte, muss man nachhaken oder neuen Rat einholen.
  • Nur, wenn für den Ratsuchenden der erteilte Rat nicht als falsch oder unvollständig erkennbar war, darf man auch darauf vertrauen. Dann spricht vieles dafür, dass man auch strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann.

Anders im Zivilrecht:

Im Zivilrecht (hier geht es bspw. um Schadenersatz) wird man allerdings die Verantwortung nicht so einfach los: Denn im Zivilrecht geht es darum, was man objektiv hätte anders machen können (z.B. einen besseren fachlichen Rat einholen). Im Strafrecht (siehe oben) geht es um die subjektive/persönliche Vorwerfbarkeit, und im Zivilrecht um eine objektivierte bzw. verallgemeinernde.

Zivilrecht

Unternehmen und/oder Menschen schließen einen Vertrag bzw. haben Ansprüche gegeneinander: Z.B. auf Erfüllung oder Schadenersatz. Der Maßstab ist objektiviert (wie hätten andere Menschen das gemacht?)

Strafrecht

Ein Mensch macht etwas, das verboten ist und begeht eine Straftat. Der Staat geht dann gegen seinen Bürger vor. Der Maßstab ist die persönliche Schuld des Menschen.

Es kann also folgendes passieren:

  • Man holt fachlichen Rat ein, weil man sich selbst nicht auskennt.
  • Der Fachmann erteilt einen falschen Rat.
  • Man selbst ist strafrechtlich nicht verantwortlich (sofern sich das Falsche nicht aufgedrängt hat, siehe oben).
  • Allerdings kann man durchaus noch zivilrechtlich auf Schadenersatz haften.
  • Würde man aber schon keinen fachlichen Rat eingeholt haben und es kommt deshalb zum Schaden, dann haftet man auch strafrechtlich (= persönlich).

Übrigens: Der Fachmann muss sorgfältig ausgewählt werden; je weniger man ihn bzw. seine Aussagen überprüfen kann, desto sorgfältiger muss er ausgewählt werden. Dabei spielt es aber keine Rolle, ob das ein erfahrener Kollege ist oder ein externer Berater – Hauptsache, er kann die an ihn gestellten Anforderungen erfüllen.

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