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Die Aufmerksamkeit für die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft muss sich noch mehr erhöhen

Die Aufmerksamkeit für die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft muss sich noch mehr erhöhen

Von Mandy Hännes´chen 24. Januar 2022

Wo geht die Reise 2022 für die Veranstaltungswirtschaft hin? Das fragten wir David Eickelberg, Inhaber, Touchdown! Event Solutions. Seine Prognose: Präsenz-Veranstaltungen werden nicht ausssterben, denn jede Art von Event, bei der Haptik, Emotion und Netzwerk wichtig sind, funktioniert nicht im digitalen Raum. Als große Herausforderung und Aufgabe sieht er, die Aufmerksamkeit für die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft noch mehr zu erhöhen und in der Folge politisch noch mehr zu nutzen.

Digital, hybrid oder Präsenz – wo geht die Reise 2022 hin?

David Eickelberg: „Alle drei Formen werden ihre Daseinsberechtigung haben: „Digital“ wird es überwiegend bei Konferenzen, Kongressen und auch Tagungen bleiben (oder endlich mal werden) – und im Allgemeinen bei allen eranstaltungen, bei denen die Wissensvermittlung im Vordergrund steht. Das gilt im Grunde genommen auch für „Hybrid“ – wenn dabei besser verstanden wird, dass es nicht reicht, ein Podium oder Vorträge abzufilmen und zu streamen. Gute hybride Elemente werden in jedem Fall z.B. begleitendes Fachprogramm bei Messen etc. aufwerten können, weil man auf diesem Weg eine größere Zielgruppe erreicht. Bei „Digital“ und Hybrid“ muss auf interaktive, auflockernde Elemente geachtet werden, da hier die Aufmerksamkeitsspanne der Zuschauer extern gering und das Ablenkungspotenzial extrem hoch ist! Die „Präsenz“ wird somit nicht aussterben, auch wenn viele „Digitalpäpste“ das glauben machen wollen: Jede Art von Event, bei der Haptik, Emotion und Netzwerk wichtig sind, funktioniert nicht im digitalen Raum. Dafür gibt es aus den letzten beiden Jahren genügend Beispiele.“

Wie werden sich Planungszeiträume, Budgets und zu erwartende Teilnehmerzahl in diesem Jahr verändern?

David Eickelberg: „Meine persönliche Erfahrung zeigt: Die Zunahme digitaler Veranstaltungen führt leider dazu, dass Kunden meinen, dass sich das 1 zu 1 auf Präsenz-Veranstaltungen ummünzen lässt und also Planungszeiträume sich in den letzten 12 Monaten nochmals deutlich verringert haben – die letzten beiden Veranstaltungen, mit denen meine Agentur beauftragt war, hatten einen Vorlauf von gerade mal 4 Wochen, inkl. Konzeption und allem anderen. Beim Budget verhält es sich genau andersherum: Gerade in der Anfangszeit digitaler Veranstaltungen in 2020 konnte der Eindruck entstehen, dass der Wegfall von realen Teilnehmern, Catering etc. die digitale Veranstaltung deutlich billiger machen würde. Das ist aber ein Trugschluss! Eine digitale Veranstaltung ist immer eine Live-TV-Sendung, und eine solche benötigt Buch, Proben, Regie – und eben auch gutes Licht und gute Ton, eine attraktive Location etc. Der Green Screen sieht in den meisten Fällen ziemlich billig aus, und eine LED-Wand als Hintergrund muss eine extrem hohe Auflösung haben, wenn´s im Bildhintergrund nicht „flimmern“ soll. All diese Faktoren verursachen Kosten, die einen digitalen Event beileibe nicht günstiger machen als sein reales Pendant. Teilnehmerzahlen hingegen werden bei Präsenz-Veranstaltungen im Allgemeinen sinken! Selbst wenn in 2022 Impfungen und andere Maßnahmen dazu führen, dass aus der Pandemie eine Endemie wird – die Verunsicherung unserer Gäste und TN ist ungebrochen hoch. Aber: Wie oben bereits beschrieben: Gute digitale oder hybride Events können TN-Zahlen sogar erhöhen, aber dann eben „remote“ und nicht „live“.“

Welchen Stellenwert wird das Thema Nachhaltigkeit einnehmen? (Und in welchen Bereichen?)

David Eickelberg: „Bis dato war Nachhaltigkeit ein Schlagwort, bei dem ich ein Gesicht machte, als hätte ich in eine Zitrone gebissen – mit Schale, versteht sich. Ein Gutes hatte 2021 jedoch: Nachhaltigkeit reduziert sich nicht mehr auf Catering und zu kompensierende CO2-Lasten (letzteres nenne ich gern „Ablasshandel“, da hier nicht wirklich an einer effektiven Verringerung der CO2-Last gearbeitet wird), sondern nun auch auf Aspekte aus dem Bereichen CSR und Gleichberechtigung. Damit wird dieses Thema wieder spannend, denn neben aller Notwendigkeit von Ressourcenschonung ist es letztlich der Mensch, der hierbei allzu oft „vergessen“ wird. Daher: Das Interesse und der Bedarf an Nachhaltigkeit im weitesten Sinne wird steigen, auch weil große Corporates diese Aspekte in ihr Portfolio aufnehmen und an den Dienstleister weitergeben. Ich selbst bin gerade dabei, mir eine für meine kleine Agentur passende Nachhaltigkeits-Zertifizierung zu suchen.“

Welche Herausforderungen wird 2022 mit sich bringen?

David Eickelberg: „Die größte: Die Impfquote steigern, bis auch weitere Mutante „nur“ noch kleine Wellen erzeugen  – und nicht mehr Wellenberge wie aktuell! Wenn dazu eine Impfpflicht für alle Menschen gehört, würde ich persönlich das sehr begrüßen.

Eine ebenso große: Die Aufmerksamkeit für die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft noch mehr zu erhöhen und in der Folge politisch noch mehr zu nutzen. Ohne die beharrliche Arbeit von Initiativen wie #alarmstuferot oder der Bundeskonferenz Veranstaltungswirtschaft und vielen (!) anderen in den letzten beiden Jahren würde es weit weniger finanzielle Unterstützungen geben, die so ziemlich jeder innerhalb unserer wundervollen Branche brauchen wird, um auch dieses Jahr mit einem vorhersehbar geringen Volumen an Aufträgen zu überstehen.“

Was sind Ihre nächsten 3 geplanten Veranstaltungen?

David Eickelberg: „Aktuell ist es nur eine – und auch die wird erst im November stattfinden. Alles andere ist nach dem Auftreten von Omikron und / oder den Maßnahmen-Verschärfungen zur Pandemie-Eindämmung mal wieder abgesagt oder verschoben worden. Andererseits: Wie oben geschrieben, die Planungszeiträume werden immer kürzer, das hat zumindest bei mir in 2021 für einige unvorhergesehene Aufträge gesorgt.“

Langfristig gesehen: Wie wird der Veranstaltungsmarkt nach Corona aussehen?

David Eickelberg: „Eins ist klar: Aktuell schieben wir eine große Welle von Veranstaltungen vor uns her, die verschoben und wieder verschoben wurden, gerade im Bereich des Live-Entertainment. Das wird nach dem Ende der Pandemie-Maßnahmen kurzfristig für einen großen Aufschwung unserer Branche sorgen, denn nur ein kleiner Teil dessen wird als hybride oder komplett digitale Veranstaltung durchgeführt werden können. Diese „Veranstaltungs-Welle“ wird aber eine Situation aufzeigen, mit der wir jetzt schon konfrontiert sind: Bis Ende 2021 hat die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft mindestens 30% aller Unternehmen, Dienstleister aber auch Soloselbständigen verloren – unwiederbringlich. Wir merken schon jetzt, dass für die Umsetzung eines Auftrags deutlich intensiver nach Partner gesucht werden muss, weil viele eben einfach nicht mehr da sind.

2022 wird aus meiner Sicht somit ein weiteres Jahr der Überbrückung werden, bevor 2023 eine Konsolidierung bringen kann.

Alles weitere, auch hinsichtlich der Art und Menge von Veranstaltungen in einer Nach-Corona-Zeit ist aus meiner Sicht nicht vorhersehbar, denn der Markt und auch wir werden uns noch gewaltig verändern… müssen.“

 

EVENTFAQ sprach mit David Eickelberg, Inhaber, Touchdown! Event Solutions

David Eickelberg ist seit 1986 in fast allen Bereichen von Live-Entertainment und Live-Kommunikation „unterwegs“, ab 2016 selbständig als Inhaber der Touchdown! Event Solutions (www.touchdown-events.de).  Neben seiner Tätigkeit als Dozent für Event-Marketing sowie für Deeskalation im Bereich Veranstaltungssicherheit ist er auch zertifizierter Hygienebeauftragter für die Veranstaltungswirtschaft und TÜV-geprüfter Veranstaltungsleiter. Sein Motto: Wissen ist das Einzige, was sich vermehrt, wenn man es teilt!

Urheberangabe für das/die Foto(s) (Symbolfoto):

  • Mandy Hännes’chen: © Mandy Hännes'chen
  • Interview mit David Eickelberg: Foto von David Eickelberg: © Eric Jenczmionka!, Interviewbanner: © canva.com