Das Landgericht Duisburg hat das Loveparade-Verfahren gegen die verbliebenen 3 Angeklagten zur Aufarbeitung der Katastrophe 2010 eingestellt. Damit endet einer der größten Gerichtsprozesse in Deutschland – ohne Urteil. Eine Ursachen wurden ausfindig gemacht, sie bleiben nun aber nicht rechtskräftig festgestellt; und keine Ursache konnte einem Angeklagten zugeordnet werden.
Als wesentliche zusammenwirkende Ursachen für die Katastrophe hat das Gericht benannt (Auszug aus der Pressemitteilung des Gerichts vom 04.05.2020):
- Einen Veranstaltungsort, der für das Veranstalterkonzept und die erwarteten und auch die tatsächlichen Besuchermengen nicht geeignet war,
- Zugangsanlagen, die für die erwartete Besucheranzahl zu geringe Kapazität hatten,
- zu wenig Fläche zwischen dem Zugang (über die Rampe Ost) auf das Gelände und der Fläche, auf der die Musikwagen fuhren,
- die unkoordinierte Steuerung der Personenströme,
- die massiven Störungen in der Kommunikation, die notwendige Absprachen teilweise unmöglich machten,
- die fehlende Abstimmung von Maßnahmen wegen des Rückstaus vor den Zugangsbereichen sowie zwischen dem Zugang auf das Gelände und der Fläche mit den Musikwagen,
- organisatorische Entscheidungen am Veranstaltungstag entgegen vorheriger Absprachen,
- die Errichtung der (dritten) Polizeikette auf der Rampe Ost, die die Drucksituation auf der Rampe verstärkt hat,
- das nicht abgestimmte Öffnen der Zugangsanlagen trotz angeordneter Schließung,
- das Öffnen der Zaunelemente an der Zugangsanlage West um 16:31 Uhr.
Nach den Ausführungen des Gerichts hätte das Unglück auch am Veranstaltungstag noch durch eine Reihe von Maßnahmen verhindert oder zumindest in den Folgen abgemildert werden können.
- eine zwischen dem Veranstalter und der Polizei abgestimmte Steuerung der Personenströme und/oder
- koordinierte Maßnahmen wie zeitweilige Schließungen der Vorsperren oder der Zugangsanlagen und/oder
- den verstärkten Einsatz von Ordnern, um Personen von der Rampe weg zu leiten und auf das eigentliche Veranstaltungsgelände zu führen und/oder
- ein vorübergehendes Anhalten der Musikwagen auf der Paradestrecke, um besseren Personenfluss auf das Gelände zu ermöglichen und/oder
- den Abbruch des Besucherzuflusses auf das Gelände und/oder
- den Abbruch des Besucherzuflusses in die Stadt Duisburg insgesamt (Stopp des Bahnverkehrs).
Nach den Ausführungen der Richter dürfte das Zusammenwirken einer Vielzahl von Umständen dazu geführt haben, dass es zu dem Gedränge mit dem tödlichen Verlauf gekommen ist.
Unter Gesamtwürdigung dieser Erkenntnisse und aller Umstände der Katastrophe kommt das Gericht trotz der schwerwiegenden Folgen der Tat zu dem Schluss, dass die (mögliche) individuelle Schuld der Angeklagten an der Katastrophe zum jetzigen Zeitpunkt als gering anzusehen sei. Deshalb soll das Verfahren gegen sie nicht weitergeführt werden.
Nach Einschätzung der Richter wäre für den möglichen Fall einer Verurteilung Folgendes zu berücksichtigen: Die Handlungen der Angeklagten haben die schrecklichen Geschehnisse nicht allein, sondern erst im Zusammenwirken mit einer Vielzahl anderer Umstände möglich gemacht. Aus der Beweisaufnahme ist ersichtlich, dass die Angeklagten sich in der Planungsphase darum bemühten, eine für die Besucher sichere Veranstaltung zu organisieren. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Angeklagten seit fast 10 Jahren einem Strafverfahren ausgesetzt sind, das besonders großes mediales Interesse hervorgerufen hat. Zudem mussten sie sich an 183 Verhandlungstagen einer öffentlichen Hauptverhandlung stellen. Das ganze Verfahren war vor allem für die Nebenkläger mit besonderen psychischen Belastungen verbunden. Aber auch die Angeklagten waren durch die lange Verfahrensdauer Belastungen ausgesetzt. Aus diesen Gründen hält es das Gericht für geboten, das Verfahren nach § 153 StPO einzustellen (Auszug aus der Pressemitteilung vom 04.05.2020).
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