Ist ein „Daumen hoch“-Emoji eine verbindliche Zusage für einen Vertragsschluss? Diese Frage hat nun einen Landwirt aus Kanada 56.500 € gekostet. Was war passiert, und was hat das mit uns zu tun?
Der Landwirt hatte von einem Lieferanten einen Vertrag zugeschickt bekommen und wurde gebeten, den Vertrag zu bestätigen. Der Landwirt antwortete mit dem Emoji. Er selbst ging davon aus, dass seine Reaktion so verstanden werde, dass er sich bald den Vertrag anschauen und später ausdrücklich antworten werde. Der Lieferant aber hatte die Reaktion so verstanden, dass der Vertrag angenommen wurde und lieferte, und wollte dann sein Geld haben. Ein kanadisches Gericht verurteilte den Landwirt jetzt zur Zahlung.
Juristen erinnern sich leidvoll an den berühmten „Trierer Weinversteigerung“-Fall: Ein Tourist besucht in Trier eine Weinversteigerung, weiß aber nicht so recht, dass er sich gerade in einer laufenden Versteigerung befindet, sieht einen Bekannten und winkt ihm freundlich zu; der Auktionator gibt ihm den Zuschlag…
Tatsächlich passiert es nicht selten, dass Erklärungen bzw. Verhaltensweisen missverstanden werden. Der gut gemeinte anwaltliche Rat „formuliere deutlich und unmissverständlich, was du willst“ verpufft in seiner Wirkung, wenn man selbst ja überzeugt ist, deutlich und unmissverständlich zu agieren.
Wie in den beiden vorstehenden Beispielen kann es ein unklares Verhalten sein, das zu Irritationen führt.
Oftmals werden aber auch Begrifflichkeiten verwendet, die jeder Vertragspartner anders versteht (z.B. „Reservierung“: Soll sie verbindlich oder noch unverbindlich sein?).
Wie löst man dieses Dilemma?
Man prüft den Willen der Person, die diese Erklärung abgibt. Maßgeblich ist dabei der sog. objektive Empfängerhorizont, d.h. wie dieser Wille bzw. diese Erklärung bei einem objektiven Empfänger wahrgenommen werden musste.
Dabei kann u.a. eine Rolle spielen, wie dieses Verhalten früher bewertet wurde, wenn die Vertragspartner bereits früher miteinander zu tun hatten – wurde die Reservierung bspw. früher immer als verbindlich verstanden und hat bspw. der Absagende früher auch bei Absage etwas bezahlt, kann sich ein Vertragspartner nicht plötzlich darauf berufen, die Reservierung sei nunmehr unverbindlich.
Wir erleben in unserer anwaltlichen Beratungspraxis häufig, dass es Streit darüber gibt, wer was wie gemeint haben könnte. Man sollte also nicht hinterfragen, ob man selbst weiß, was ein Begriff bedeutet – sondern ob der/die/das Gegenüber das auch weiß.
- Man sollte im Zweifel nicht unnötig einen Text abkürzen: Denn durch das Kürzen riskiert man oft gerade erst das Missverständnis. Manchmal kann es auch helfen, dasselbe Ergebnis im ersten Satz so, und im zweiten Satz anders zu formulieren – quasi alle Interpretationsmöglichkeiten abdecken.
- Im Zweifel sollte man den anderen fragen, wie er den Begriff versteht.
- Und: Je spezialisierter man selbst ist, und je spezieller auch der Begriff, desto eher muss man damit rechnen, dass der andere Vertragspartner den Begriff ggf. nicht kennt oder missversteht.