Oftmals kommt es zwischen Vertragspartnern zum Streit, was vereinbart war, insbesondere dann, wenn der Vertrag mündlich oder lückenhaft schriftlich geschlossen wurde. Das Amtsgericht Brandenburg hatte sich jüngst mit der Frage auseinanderzusetzen, wen die Beweislast trifft:
Ein Veranstalter hatte mit einem Künstler einen Vertrag geschlossen; nach den Aufführungen stritten die beiden über die Höhe der Vergütung. Der Veranstalter behauptete, dass eine teilweise Fixgage und eine teilweise Umsatzbeteiligung vereinbart worden sei. Der Künstler hingegen behauptete, dass ausschließlich eine Fixgage vereinbart worden sei.
Man kann sich denken, was passiert war: Die Veranstaltung war nicht gut ausverkauft gewesen. Wäre die teilweise Umsatzbeteiligung also vereinbart gewesen, hätte der Künstler in die Röhre geguckt.
Der Veranstalter bezahlte die unstreitige Fixgage und verweigerte die Zahlung der Umsatzbeteiligung, da die erforderlichen Umsätze nicht erreicht worden seien. Der Künstler erhob daraufhin Klage auf Restzahlung der (nach seiner Meinung vereinbarten) restlichen Fixgage.
Zunächst hat das Gericht richtigerweise festgestellt, dass ein Vertrag unproblematisch zustande gekommen sei, selbst wenn sich die Vertragspartner über die genaue Höhe der Vergütung nicht einig seien: Egal ob man den Vertrag zwischen Veranstalter und Künstler als Werkvertrag oder Dienstvertrag einstufen wolle, das Ergebnis wäre das selbe: Beide Vertragsarten sehen nämlich vor, dass zumindest immer die „übliche“ Vergütung als vereinbart gilt (siehe § 612 Abs. 2 BGB für den Dienstvertrag, und § 632 Abs. 2 BGB für den Werkvertrag).
Nun ging es noch um die Frage, wer seine Behauptung auch beweisen muss: Der Veranstalter oder der Künstler?
Hierfür hat das Gericht eine Reihenfolge aufgestellt:
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Zunächst muss der Veranstalter recht konkret darzulegen, wann, was wo vereinbart worden sein soll. Der Veranstalter muss dann zumindest den Ort und den Zeitpunkt der Vereinbarung und ihren Inhalt konkret vortragen. Die Behauptung „Irgendwann 2012 haben wir das mal besprochen“, reicht also nicht aus.
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Gelingt dies dem Veranstalter, kann der Künstler diese Darlegung nun aber noch widerlegen.
In dem Fall, den das Amtsgericht Brandenburg entscheiden musste, scheiterte der Veranstalter schon am ersten Schritt: Er konnte nur sehr oberflächlich beschreiben, wann was vereinbart worden sein soll. Das Gericht jedenfalls konnte er damit nicht überzeugen, dass tatsächlich eine Umsatzbeteiligung vereinbart worden wäre, so dass der Veranstalter zur Zahlung der restlichen Fixgage verurteilt wurde.
Zur Erklärung: Normalerweise muss derjenige, der etwas haben will, auch beweisen, dass er dieses Etwas überhaupt beanspruchen kann. Normalerweise müsste also der Künstler beweisen, dass er Anspruch auf eine Vergütung hat.
Hier hilft dem Künstler aber die oben genannte Besonderheit beim Dienst- und Werkvertrag: Wenn es üblich ist, dass die Tätigkeit nur gegen eine Vergütung geleistet wird, dann kann der Künstler zumindest die „übliche“ Vergütung verlangen. Und normalerweise ist es üblich, dass ein Künstler bei kommerziellen Veranstaltungen auch eine Gage bekommt. Da auch eine Fixgage zumindest nicht unüblich ist, hatte das Amtsgericht Brandenburg nun eben entschieden, dass der Veranstalter zunächst konkret darlegen müsse, was wann genau vereinbart worden sein soll.
Hier ein lesenswerter Auszug aus dem Urteil zur Beweiswürdigung – wohl bemerkt, das ist ein (1) Satz!
„Zwar gilt im Übrigen – soweit eine konkret vereinbarte Vergütungshöhe von keiner Partei bewiesen werden kann – dann ggf. die Auslegungsregel § 632 Abs. 2 BGB, jedoch hat hier die Zeugin G. B. – entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Nullhypothese – subjektiv aus ihrer Sicht widerspruchsfrei und konstant – insbesondere in Bezug auf das Kerngeschehen -, im freien Bericht, homogen, in logischer Konsistenz, quantitativ detailreich und individuell, jedoch auch unter Einräumung von gewissen Erinnerungslücken und Schilderungen von nebensächlichen sowie überflüssigen Details, mit gewissen Gedankensprüngen in ungeordneter Erzählweise mit spontanen Verbesserungen, unter Verknüpfung von räumlichen und zeitlichen Bedingungen, mit Querverbindungen zu ähnlichen Vorgängen sowie dem Bericht von Handlungen als Wechselwirkung sowie inhaltlichen Verflechtungen unter Berücksichtigung ihrer allgemeinen und sprachlichen intellektuellen Leistungsfähigkeit und ihrer Kenntnisse in Bezug auf diesen Bereich auch unter Beachtung von etwaigen Motivationen erlebnisbezogen sowie sachgerecht, ohne Neigung zu einer Dramatisierung, frei von inneren Widersprüchen (sog. Realitätskriterien) sowie wohl auch frei von Wahrnehmungsfehlern unter Beachtung von Warnsignalen, und insoweit für das erkennende Gericht glaubhaft – ohne dass dabei eine „Mathematisierung“ der Glaubhaftigkeitsbeurteilung vorzunehmen ist ausgesagt, dass zwischen ihr (als Vertreterin der Kläger) und dem Gesellschafter der Beklagten – Herrn B. – eine Vergütung/Gage in Höhe von 750,00 Euro pro Auftritt fest vereinbart wurde.“
Alles klar? :-?
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