Ein Ehepaar buchte eine sechstägige geführte Bergtour zum Gesamtreisepreis in Höhe von 2.000 Euro. Am zweiten Tag klagte die Frau über starke Kopfschmerzen und litt unter eingeschränkter Atmung, sie bekam Husten und Fieber. Die Tour wurde weiter fortgesetzt, am nächsten Tag teilte sie den beiden Bergführern mit, dass sie die Tour abbrechen müsse.
Auf ihre Bitten, sie zum Ausgangspunkt zu begleiten oder einen Hubschrauber zu organisieren, sei ihr erklärt worden, dass sie den einfachen Abstieg alleine machen könne. Der Ehemann hatte die Bergtour mit den anderen fortgesetzt, nachdem ihm die Bergführer gesagt hätten, er solle sich nicht so haben, seine Frau benötige keinen Babysitter.
Nach dreizehn Stunden Rückweg und -fahrt zum Ausgangspunkt und dortiger Übernachtung wurde bei der Frau ein beidseitiger Paukenerguss und eine fiebrige akute Sinusitis Maxiliaris diagnostiziert, bis heute kann sie auf einem Ohr keinen Druckausgleich mehr durchführen, so dass ihr u.a. Flüge unmöglich geworden sind.
Verfahren vor dem Amtsgericht
Das Ehepaar verklagte den Tourveranstalter daraufhin auf Rückzahlung eines Teils des Reisepreises und der selbst von ihr organisierten Rückreise.
Sie meinte, die Bergführer hätten im eklatanten Maße ihre Pflichten verletzt, da sie eine schwer kranke Person ihrem Schicksal überlassen hätten. Sie hätten sie bergabwärts zur nächsten Station bzw. Krankenhaus bringen müssen, wo die Klägerin hätte ärztlich versorgt werden können. Die Bergführer hingegen behaupteten, die Ehefrau habe die Tour auf eigenen Wunsch fortgesetzt und verweisen darauf, dass sie den Abstieg ins Tal dann selbstständig und ohne ihren Mann angetreten habe. Da der Ehemann die Bergtour mit dem Bergführern fortgesetzt hatte, habe es für die Bergführer keinerlei Anlass zur Annahme gegeben, dass die Klägerin Hilfe benötigen würde und den Abstieg nicht hätte alleine meistern können.
Das Amtsgericht München hat die Klage abgewiesen und den Bergführern Recht gegeben:
Minderung
Eine Minderung des Preises scheidet aus, da die Leistung “Bergtour” erbracht wurde. Dass die erkrankte Ehefrau ab dem 3. Tag nicht mehr daran hatte teilnehmen können, ist das alleinige Risiko der Teilnehmerin, und nicht des Veranstalters.
Sowieso-Kosten
Auch die Kosten der Rückreise, die die Frau selbst hatte organisieren und bezahlen müssen, muss der Veranstalter nicht erstatten: Denn hier handelt es sich um sog. Sowieso-Kosten, die also auch dann angefallen wären, wenn einer der Bergführer die Frau auf dem Rückweg begleitet hätte. Der Veranstalter jedenfalls war nicht für die Rückführung der Frau verantwortlich.
Erwachsen sein heißt Verantwortung tragen
Das Urteil halte ich nur für folgerichtig:
Das Ehepaar ist erwachsen; die Bergführer haben sicherlich die Verantwortung für solche Risiken, die sich aus der Bergtour selbst ergeben, z.B. die ordnungsgemäße Absicherung bei steilen und gefährlichen Passagen. Aber wenn ein Teilnehmer krank ist oder sich krank fühlt, muss er grundsätzlich selbst wissen, was ihm gut tut.
In dem Verfahren hatte die Frau keinen Schadenersatz wegen unterlassener Hilfeleistung geltend gemacht, sondern hatte lediglich behauptet, der Veranstalter hätte seine Leistung nicht vollständig erbracht, weil sie die Tour habe abbrechen müssen. Hier hat das Gericht korrekterweise aber entschieden, dass das Risiko, dass wegen einer Erkrankung die Tour vorzeitig abgebrochen werden muss, die Teilnehmerin alleine trägt.
Anders wäre das dann, wenn durch ein unsachgemäßes Verhalten der Bergführer die Frau sich verletzt hätte.
Dementsprechend war es aber folgerichtig, dass der Veranstalter auch nicht die Kosten der Rückreise erstatten muss.
Bei Kindern wäre die Sache auch anders: Denn wenn Kinder teilnehmen und erkranken, müsste der Bergführer in der Lage sein zu beurteilen, ob die Erkrankung es erlaubt, dass das Kind weiter an der Tour teilnimmt. Und gerade bei einer Bergtour dürfte ein Kind auch nicht alleine auf den vorzeitigen Rückweg geschickt werden.
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