Der Bundestag hat auf Initiative der Ampel-Koalition beschlossen, am Arbeitsplatz die 3G-Regel verpflichtend einzuführen, d.h. die Bundesländern können insoweit keine abweichenden Landesregelungen treffen.
Die 3G-Regel am Arbeitsplatz wirft aber gerade für Veranstaltungen einige Fragen auf – denn die Mitarbeiter arbeiten ja nicht nur im Büro, sondern auch “auf” der Veranstaltung, d.h. in einer oftmals fremdem Veranstaltungsstätte. Gilt dort dann auch 3G? Wer kontrolliert das?
Dazu schauen wir uns zunächst mal den (neuen) Gesetzeswortlaut an, der sich in § 28b Infektionsschutzgesetz findet bzw. finden wird.
“Arbeitgeber und Beschäftigte dürfen Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten …, wenn sie geimpfte Personen, genesene Personen oder getestete Personen … sind und einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder einen Testnachweis … mit sich führen, zur Kontrolle verfügbar halten oder bei dem Arbeitgeber hinterlegt haben. …
Alle Arbeitgeber … sind verpflichtet, die Einhaltung der Verpflichtungen … durch Nachweiskontrollen täglich zu überwachen und regelmäßig zu dokumentieren. Alle Arbeitgeber und jeder Beschäftigte … sind verpflichtet, einen entsprechenden Nachweis auf Verlangen vorzulegen.
Soweit es zur Erfüllung der Pflichten aus Satz 1 erforderlich ist, darf der Arbeitgeber … zu diesem Zweck personenbezogene Daten einschließlich Daten zum Impf-, Sero- und Teststatus in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) verarbeiten.”
D.h.: Arbeitgeber und Beschäftigte (siehe § 2 Absatz 2 des Arbeitsschutzgesetzes) dürfen Arbeitsstätten (siehe § 2 Absatz 1 und 2 der Arbeitsstättenverordnung), an denen ein physischer Kontakt zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten, den Betriebsangehörigen untereinander sowie zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann, nach nur betreten, wenn sie über einen aktuellen Nachweis – geimpft, genesen oder getestet – verfügen und mit sich führen.
Diese Formulierung wirft für Veranstaltungen eine Menge Fragen auf. Ein Beispiel: Ein Unternehmen schickt einen Mitarbeiter zu einer Veranstaltung, die in einer fremden Halle stattfindet. Darf dieser Mitarbeiter die Halle nur unter 3G-Bedingungen betreten? Und wer darf/muss das kontrollieren?
Schauen wir dazu erst einmal an, was die Begrifflichkeiten bedeuten.
1. Definitionen:
Arbeitsstätten
Arbeitsstätten sind gemäß § 2 ArbStättV:
- Arbeitsräume oder andere Orte in Gebäuden auf dem Gelände eines Betriebes,
- Orte im Freien auf dem Gelände eines Betriebes,
- Orte auf Baustellen,
sofern sie zur Nutzung für Arbeitsplätze vorgesehen sind. Zur Arbeitsstätte gehören u.a. auch Orte auf dem Gelände eines Betriebes oder einer Baustelle, zu denen Beschäftigte im Rahmen ihrer Arbeit Zugang haben.
“Arbeitsräume” sind die Räume, in denen Arbeitsplätze innerhalb von Gebäuden dauerhaft eingerichtet sind.
“Arbeitsplätze” sind solche Bereiche, in denen Beschäftigte im Rahmen ihrer Arbeit tätig sind.
Physische Kontakte
Sie sind gegeben, wenn in der Arbeitsstätte ein Zusammentreffen mit anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann, auch wenn es zu keinem direkten Körperkontakt kommt. Nicht erheblich ist, ob Beschäftigte tatsächlich auf andere Personen treffen.
2. Zurück zum Beispiel:
Ein Unternehmen schickt einen Mitarbeiter zu einer Veranstaltung, die in einer fremden Halle stattfindet. Darf dieser Mitarbeiter die Halle nur unter 3G-Bedingungen betreten? Und wer darf/muss das kontrollieren?
Frage 1: Ist die Halle für den Mitarbeiter ein Arbeitsplatz?
Ja.
Frage 2: Ist die Halle für den Mitarbeiter eine Arbeitsstätte im Sinne der Arbeitsstättenverordnung, die er betritt?
Es muss sich nicht um die Arbeitsstätte des Arbeitgebers handeln, d.h. auch in einem fremden Gebäude kann nicht nur der Arbeitsplatz sein, sondern dieses Gebäude dann Arbeitsstätte (“andere Orte in Gebäuden auf dem Gelände eines Betriebes”) sein für unseren Mitarbeiter aus dem Beispiel.
Frage 3: Wer darf/muss das kontrollieren?
Man könnte meinen, dass der Hallenbetreiber kontrollieren muss; allerdings spricht der Wortlaut des § 28b IfSchG deutlich nur von “Arbeitgeber”, so dass vermutlich nur der Arbeitgeber kontrollieren darf (und muss), der unseren Mitarbeiter im Beispiel in die fremde Halle schickt. Man merkt, dass man an Grenzen stößt, die der Gesetzgeber vermutlich gar nicht bedacht hat: Denn ausweislich der Gesetzesbegründung wird diese Kontrolle als wichtiger Baustein der Pandemiebekämpfung betrachtet. Sie wird natürlich lückenhaft, wenn der externe Arbeitgeber tatsächlich seine eigenen Leute gar nicht kontrolliert, sondern unkontrolliert in die fremde Halle schickt – man möchte ja niemandem etwas unterstellen, aber ich kann mir vorstellen, dass das dann passieren könnte, wenn man Sorge hat, andernfalls den Auftrag zu verlieren.
Aus Sicht des Hallenbetreibers könnte der sich absichern, indem er mit den externen Arbeitgebern bspw. vereinbart, dass nur Personal eingelassen würde, das vor Ort getestet wird.
Ob eine Vereinbarung im Mietvertrag zulässig ist, dass der externe Arbeitgeber verpflichtet wird, Impfung oder Genesung der Mitarbeiter gegenüber dem Hallenbetreiber nachzuweisen, ist zweifelhaft. Hierzu muss ich mal selbst in Ruhe nachdenken: Der Gesetzgeber scheint diese Thematik nicht auf dem Schirm gehabt zu haben, d.h. nun gilt es, für diese praxisrelevanten Fragen selbst nachzudenken… (juristisch also, den Gesetzestext “auszulegen”, also zu interpretieren).
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